Familie Prager und das Prager Haus

Zunächst einige Informationen über das Schicksal der jüdischen Familie Prager, der das Haus einst gehörte und nach der unser Verein benannt ist.

Um 1900 kam die Familie Prager aus dem hessischen Wenings nach Apolda, um mit Fellen zu handeln. Im Ersten Weltkrieg wurde Sohn Bernhard Soldat und am Kopf schwer verletzt. Ihm wurde eine Silberplatte implantiert. Als stolzer Träger des Eisernen Kreuzes wurde er in der Stadt geachtet.

Bernhard Prager im Jahre 1931

Bernhard heiratete 1919 Gertrud Katzenstein aus Erfurt. In der Zeit der Inflation von 1923 bis 1924 bezahlte er Müttern mit Kindern in der Sandgasse, in der sich sein Geschäft befand, die Milch. Bernhard war Mitglied der Fleischer-Innung und anderer Gesellschaften in Apolda. 1935 wurde er auf Betreiben der inzwischen an die Macht gekommenen Nationalsozialisten aus der Fleischerinnung ausgeschlossen.

Das einzige Kind des Ehepaares, Sohn Heinz, besuchte zunächst in Apolda die Schule, wechselte später an die Erfurter Judenschule. Danach wurde er bei Siemens in Berlin zur Zwangsarbeit eingesetzt. Im Dezember 1942 wurde er nach Auschwitz deportiert, 1943 dort mit einer Phenolspritze durch den SS-Oberscharführer Josef Klehr ermordet.

Bernhard Prager mit Freunden (1931)

Ende 1938 musste Bernhard sein Geschäft aufgeben, und 1940 musste die Familie in ihr Geschäftshaus ziehen, ebenso Gertruds Mutter Fanny. Bernhard wurde „Juden-Beauftragter“ und musste anderen Juden die Deportations-Befehle überbringen. Am 19. September 1942 wurden die Pragers nach Theresienstadt deportiert, wo Fanny nach drei Monaten starb. Bernhard starb am 26. September 1944. Zwei Wochen darauf wurde Gertrud nach Auschwitz deportiert und ermordet.

1942 wurden zahlreiche Gegenstände aus Pragers Haushalt versteigert. Zuvor übergab er Freunden wertvolle Gegenstände.

„Sie werden hiermit beauftragt, das bei dem Juden Bernhard Prager Apolda, Sandgasse aufgenommene u. verzeichnete bewegliche Vermögen bestmöglichst zu verwerten.“

Schreiben des Finanzamtes Apolda an den Gerichtsvollzieher am 29. Oktober 1942

Heutige Nutzung des Prager Hauses

Nach dem Kauf und der Instandsetzung des ehemaligen Geschäfts- und Wohnhaus der Familie Prager hat der Verein eine kleine Ausstellung eingerichtet, die eine Auseinandersetzung mit dem Schicksal jüdischer Menschen im Nationalsozialismus und mit jüdischer Kultur ermöglichen soll. Die Ausstellung ist in den Monaten April bis Oktober an jedem Samstag von 14:00 – 16:00 Uhr zugänglich.

Das Prager Haus dient uns zudem als Veranstaltungsort für regelmäßig stattfindende Konzerte und Lesungen. Jedes Jahr am 29.06. feiern wir hier zudem den Geburtstag von Bernhard Prager.